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Fotos aus Alsdorf
Alsdorf-Mitte - Herzogenrather Straße
Auf der Tranchot/von Müffling-Karte sind im Jahr 1805 die Streckenzüge Robert-Koch-Straße/Herzogenrather Straße bzw. Saarstraße/Herzogenrather Straße als Verbindungswege aus der Ortsmitte Alsdorfs nach Herzogenrath eingezeichnet. Am Lindenplatz vereinigen sich spitzwinklig die aus Alsdorf-Mitte kommende Robert-Koch-Straße und die Saarstraße und führen dann weiter als Herzogenrather Straße in westliche Richtung. Die Strecke quert in ihrem Verlauf die Trasse der ehemaligen Grubenbahn Anna-Adolf und die Gleise der Eisenbahnlinie Stolberg- Herzogenrath. Die Herzogenrather Straße führt weiter bergab und kreuzt die „Alte Aachener Straße“. Ab hier verlief sie früher weiter nach Herzogenrath bis zur Bierstraße.
Heute überdeckt die Noppenberger Halde diese Straßentrasse. Die Strecke endet als Sackgasse vor der Bergehalde. Von der Herzogenrather Straße zweigt an der Trasse der Grubenbahn Anna-Adolf nach Nordwesten ein Weg ab, der Verbindung zur „Alten Aachener Straße“ herstellt. An diesem Weg steht das ehemalige Ledigenheim der Grube Anna II, das im Jahr 1909 von der Bergwerksgesellschaft gebaut wurde. In ihrem weiteren Verlauf zweigt von der Strecke an der Bahnlinie Stolberg-Herzogenrath nach Nordwesten die Eisenbahnstraße ab.
An der Bahnlinie Stolberg-Herzogenrath liegen beiderseits der Herzogenrather Straße die Gebäude der Grube Anna II. Im Jahre 1860 teufte die Bergwerksgesellschaft hier einen Wetterschacht für die Anna-Grube. Dieser Schacht trug den Vornamen seines Bohrmeisters Wilhelm Hinte und hieß Wilhelmschacht. Durch Niederbringen des Eduardschachtes im Jahre 1904 – der Schacht erhielt seinen Namen nach Eduard Othberg – und der Errichtung weiterer Grubengebäude wuchs die Schachtanlage zu einem selbständigen Bergwerk. Obwohl die Anlage offiziell die Bezeichnung „Grube Anna II“ erhielt, blieb auch der Name „Wilhelmschacht“ erhalten. Die Grube Anna II förderte ab 1906 Steinkohle. Die selbständige Anlage wurde 1957 mit der Grube Anna I zu einem Verbundbergwerk zusammengelegt. Im Jahr 1962 hob man den letzten Wagen mit Kohle aus dem Schacht an der Herzogenrather Straße.
Auf der Grube Wilhelmschacht ereignete sich am 21. Oktober 1930 das größte Grubenunglück im Aachener Steinkohlenrevier. Bei einer Untertageexplosion starben 271 Bergleute. Übertage stürzte der Förderturm des Eduardschachtes auf das Kauen- und Verwaltungsgebäude. Viele Häuser der Nähe des Schachtes wurden beschädigt.
Schon 1872/73 baute man die ersten Bergarbeiterhäuser in der Nähe der Grubenanlage. Im Jahre 1902 wurden weitere 24 Arbeiterwohnungen der „Colonie Wilhelmschacht“ in der Nähe der Herzogenrather Straße errichtet. Der Ortsteil Wilhelmschacht entstand, der sich mit seinen Wohnhäusern, Geschäften und Gaststätten entlang der Herzogenrather Straße entwickelte. Durch den Bau weiterer Wohnhäuser in den Folgejahren wuchs die Kolonie, die sich mit einem eigenen Kindergarten und einem Konsum im Bereich zwischen der Herzogenrather Straße und dem denkmalgeschützten Gebäude der Kraftzentrale (Langhaus) erstreckte. Als die Bergwerksgesellschaft beabsichtigte, die Betriebsflächen auf der Anna-Grube auszuweiten, ging man daran, die Wohngebäude abzureißen. Die letzten Häuser der Bergarbeiterkolonie verschwanden in den 1980er-Jahren. Im Zuge der Reaktivierung nach der Stilllegung der Anna-Gruben und der Demontage fast aller Aufbauten auf dem Grubengelände findet eine Neubebauung dieser Flächen statt. So führen jetzt von der Herzogenrather Straße die Alleestraße und die Konrad-Adenauer-Allee in südöstliche Richtung in das ehemalige Grubengebiet.
Neben dem Namen Wilhelmschacht gilt heute noch die alte Bezeichnung „Betseck“ oder „Bätsheck“ für die Grube und den Ortsteil Wilhelmschacht. Die Bergleute arbeiteten auf der „Betseck“, man wohnte in der „Betseck“, man war stolz ein „Betsecker“ zu sein. Die Bezeichnung „Betseck“ geht wahrscheinlich auf den Flurnamen „Auf dem Betseckerweg“ zurück. Die „Betseck“ ist ein kleines Waldstück, für dessen Benutzung früher eine Abgabe geleistet werden musste. Das Wort „Betseck“ ist abgeleitet von „Bet“ für Abgabe (auch Bitte), und „Hecke“ steht für Niederwald. Die Alsdorfer Bürger nutzten das „Betsecker Gebiet“, auf dem Bäume und Sträucher standen, zur Gewinnung von Brandholz. Im Bewusstsein der Bevölkerung blieb eine andere Deutung des Begriffes „Betseck“ erhalten. In dem Waldstück mit Sträuchern und wenigen Bäumen befand sich eine Nische mit einem Kreuz, „de Bätsheck“ (die Gebetshecke). Da der Galgen in der Nähe stand, verrichteten die Verurteilten auf ihrem Weg von der Alsdorfer Burg zur Hinrichtungsstätte vor ihrem Tode dort ihr letztes Gebet. Auch die Bewohner aus der Umgebung und die Bergleute sollen dort gebetet haben. Vor der Einmündung der Herzogenrather Straße in die „Alte Aachener Straße“ errichteten die Buscher Christus-König-Schützen im Jahre 1977 ein Wegekreuz. Die kleine Kreuzanlage soll an die „Betseck“ erinnern.
Der Name der Herzogenrather Straße änderte sich im Lauf der Zeit mehrfach. Mit der Bezeichnung „Roider Weg“ ist die Straße in einem Abgabenverzeichnis von 1375 des Harper von Lovenberg, Ritter und Besitzer der Herrlichkeit Alsdorf, erwähnt. Als „Betzickerweg“ im Jahre 1826 und dann seit 1870 als „Betseckerweg“ ist sie in der Katasterurkarte angegeben. Auch trug die Straße noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bezeichnung „d‘r Raderwäch“. Die Bezeichnungen „Roider Weg“, „Raderwäch“ und „Herzogenrather Straße“ weisen auf den Richtungsverlauf der Strecke hin. Die westlich von Alsdorf im Tal der Wurm gelegene Stadt Herzogenrath wurde erstmals im Jahr 1282 als Stadt des Herzogs von Rode urkundlich erwähnt. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts war der Ort unter dem Namen „s´Hertogenrode“ ein Teilgebiet des Herzogtums Limburg. Zwischen 1794 und 1815 stand Herzogenrath unter französischer Verwaltung und kam nach dem Wiener Kongress im Jahr 1815 zu Preußen. In dieser Zeit erfolgte die räumliche und kulturelle Trennung von den südlimburgischen Gebieten, die den Niederlanden zugeordnet wurden. Herzogenrath wurde Grenzstadt zwischen Deutschland und den Niederlanden. Die Stadt griff nach dem Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945) den Gedanken des Friedens und der Völkerverständigung auf und suchte die wirtschaftliche und kulturelle Verbindung zur Nachbarstadt Kerkrade. Durch die im 19. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung und der damit verbundenen Ansiedlung von bedeutenden Industriezweigen (Glas- und Spiegelfabrik, Nadelfabrik und Bergbau) erfolgte eine Vergrößerung des Stadtgebietes. Seit der kommunalen Neugliederung von 1972 und der Zuordnung ehemals selbständiger Gemeinden zum Herzogenrather Stadtgebiet leben in Herzogenrath mit den Stadtteilen Kohlscheid, Merkstein und einigen kleineren Ortsteilen etwa 47 000 Einwohner.