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Fotos aus Alsdorf
Alsdorfer Gedenkstätten - Gedenkstein in Erinnerung an Josef Turski
Der legalisierte Mord gehörte zu den Sonderkompetenzen, die sich die Gestapo zu Beginn des Zwangsarbeitereinsatzes angeeignet hatte und die es ihr ermöglichten, Zwangsarbeiter ohne die Möglichkeit einer Verteidigung vor einem Gericht oder der Konsultation eines Rechtsanwaltes zu töten. Eine dieser Hinrichtungen fand im heutigen Alsdorfer Stadtteil Schleibach (damals Gemeinde Broichweiden) statt.
Die Hintergründe der Hinrichtung in Schleibach sind aufgrund widersprüchlicher Aussagen in den Quellen schwer rekonstruierbar. Fest steht, dass ein polnischer Landarbeiter namens Josef Turski dort am 10. Juni 1942 von der Gestapo exekutiert wurde; seine Exekution ist im Sterbebuch der ehemaligen Gemeinde Broichweiden regulär verzeichnet. Auch die Staatsanwaltschaft Aachen ermittelte in der Nachkriegszeit wegen der Hinrichtung eines polnischen Zwangsarbeiters in Schleibach, doch datierten die im Zuge dieser Ermittlungen befragten Zeugen/Zeuginnen die Hinrichtung einmütig auf den Zeitraum 1943/44. Beschuldigt wurde das anonym bleibende Hinrichtungsopfer laut der Ermittlungsakte, einen deutschen Jugendlichen sexuell missbraucht zu haben. Insgesamt lassen die Quellen keinen eindeutigen Schluss zu, ob es sich bei diesem Hingerichteten um Josef Turski handelt, oder ob es eine zweite Hinrichtung in Schleibach gegeben hat. Eine Zeitzeugin, die sich im Verlauf des Forschungsprojekts bei uns meldete, erinnert sich an Aussagen polnischer Landarbeiter über insgesamt zwei Hinrichtungen. Auch sei einer der Deliquenten nicht wegen sexuellen Missbrauchs an einem deutschen Jugendlichen, sondern wegen einer Liebesbeziehung zu einer deutschen Frau hingerichtet worden.
Sind auch die Hintergründe der Hinrichtung(en) in Schleibach ungewiss, so wissen wir doch einiges über ihren Ablauf. Sie folgten einem zynischen, standardisierten Verfahren. Der Leiter der Aachener Gestapo, Kriminalrat Bach, informierte den Bürgermeister in dessen Funktion als Ortspolizeibehörde und beauftragte die Verwaltung mit der Auswahl des Hinrichtungsortes und einigen weiteren Vorbereitungen. Am Tag der Hinrichtung sperrte die Ortspolizei den Tatort hermetisch ab und verhinderte, dass die deutschen EinwohnerInnen Zeuge/Zeuginnen der Hinrichtung wurden.
Gleichzeitig aber zwang die Polizei einige hundert polnische Zwangsarbeiter aus den umliegenden Gemeinden, der Exekution ihres Landsmanns zuzusehen.
Einige örtliche Honoratioren, so der Bürgermeister, der Landrat und die örtlichen Vertreter der NSDAP, nahmen als Zeugen an den Hinrichtungen teil. Aus dem Kreis Jülich gibt es Hinweise, dass die Teilnahme an einer Hinrichtung von örtlichen Institutionen der NSDAP und der Wehrmacht als ein regelrechtes Schauspiel betrachtet und mit einem anschließenden Büffet gefeiert wurde. Die Tat selbst ließ die Gestapo zumeist von polnischen Zwangsarbeitern verüben. Tatwerkzeug war ein transportabler Galgen in Form eines aufklappbaren Tisches mit Falltür, der sich leicht in einem Pkw transportieren ließ. Die Hinrichtungen wurden auf Fotos festgehalten, man fertigte Protokolle über den eingetretenen Tod und das Verhalten der polnischen Zwangsarbeiter an und meldete den Sterbefall an das zuständige Standesamt.
Quelle: Zwangsarbeit in Alsdorf im zweiten Weltkrieg – von Thomas Müller, RWTH Aachen, Lehr- und Forschungsgebiet Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Standort: Gronsfeldweg
Koordinaten: N50°51’16.17” E6°8’47.7”